Robert Fabbri: Das Schwert des Tribuns (Vespasian-Reihe Buch 1)
⭐️⭐️⭐️❌❌ (3/5)
— Der junge Vespasian entdeckt seine Freude am Gemetzel.

❌ (i) Handlung: Die eigentliche Handlung beginnt damit, dass Vespasian und sein Bruder Sabinus nach Rom geschickt werden, um sich dort Verdient zu machen. Zuvor sollen sie allerdings voneinander lernen, was vor allem bedeutet dass Vespasian von Sabinus, der bereits in der Legion gedient hat, das Kriegshandwerk beigebracht wird. Es folgt ein Einsatz gegen Maultierdiebe in der Nähe des elterlichen Anwesens, und schließlich die Reise nach Rom, wo die Brüder mittels der Hilfe ihres Onkels, der Senator ist, in die höchsten Kreise eingeführt werden und von Antonia und Asinius prompt angeheuert werden, ihnen bei der Aufdeckung der Verschwörung des Seianus behilflich zu sein.
Von diesen paar handlungstragenden Details abgesehen besteht der Roman leider eher aus einer Aneinanderreihung von Kämpfen. Diese müssen nicht unbedingt besondere Auswirkungen haben; alles was z.B. im ersten Teil des Buches geschieht, wo die Brüder gegen die Maultierdiebe vorgehen, spielt später keine Rolle mehr. Auch die Aufgabe Vespasians, die er auf dem Feldzug in Thrakien eigentlich zu erfüllen hat, tritt eher in den Hintergrund und wirkt neben den vielen Kämpfen wie eine Nebensächlichkeit.
⭐️ (ii) Setting/Background: Der Roman ist im ersten Jahrhundert n.Chr. angesiedelt; die römische Republik ist nur mehr eine ferne Erinnerung der ganz Alten (z.B. Vespasians Großmutter). Kaiser ist Tiberius, in dessen Regierungszeit die Verschwörung des Seianus fällt, welche den Hintergrund für den Plot des Romans liefert – zumindest anfangs; später befindet sich Vespasian in erster Linie in Thrakien auf einem Feldzug zur Niederschlagung eines dortigen Aufstands.
⭐️ (iii) Charaktere: Hauptperson des Romans ist der namensgebende Vespasian, welcher den historischen Titus Flavius Vespasianus, den späteren Kaiser (und Erbauer des Kolosseums), darstellt. Er wird als klassischer Held dargestellt, und wirkt tatsächlich recht nahbar und authentisch; gelegentlich ist er etwas naiv und hin und wieder entweder schüchtern oder vorlaut, was man aber durchaus seinem Alter (16 Jahre) zuschreiben kann. Aus demselben Grund ist er weniger jemand, der viel reflektiert und Politik und Geschichte denkt oder spricht (außer an der Stelle wo er seine Großmutter besucht). Während er anfangs eher weniger an militärischen Dingen interessiert wirkt, findet er im Lauf der Handlung anscheinend Gefallen am Kämpfen; diese Wandlung wirkt anfangs etwas seltsam, später dann aber durchaus nachvollziehbar.
Begleitet wird er von Magnus, einer Art Söldner, der angesichts seiner nicht ganz so wichtigen Rolle einen gelungenen Charakter darstellt. Vespasians Love Interest ist Caenis, die Sklavin und Sekretärin von Antonia (was historisch belegt ist). Diese Protagonistin wirkt leider eher etwas farblos, und hat neben ihrem „Damsel in Distress“-Auftritt nur passive Funktion (was sich eventuell – meine Vermutung – im Verlauf der Reihe ändern könnte).
⭐️ (iv) Stil & Sprache: Die Sprache ist eher nüchtern und knapp, ohne viele Schnörkel, was dem Lesefluss gut tut. Trotzdem findet man ausreichend Beschreibungen, so dass die antike Welt sehr plastisch dargestellt wird. (Für Leser:innen, die öfters historische Romane aus der Römerzeit lesen, oder vielleicht sogar Latein können, sind einige Erläuterungen fast schon zu viel.) Selbst die (vielen) Schlachten und Kämpfe sind recht gut dargestellt. Die Dialoge sind zwar nicht ganz so humorvoll wie in Gisbert Haefs Caesar, aber doch sehr unterhaltsam und witzig. Was die Perspektive angeht handelt es sich eigentlich um einen personalen Erzählstil; manchmal kommt es aber zu einem Bruch der Perspektive, allerdings nicht so oft dass es negativ auffallen würde.
❌ (v) Sonstiges: Die Tatsache, dass der Roman für so manchen Amazon-Rezensenten ‚leider etwas viel Intrigen und Verschwörungstheorien‘ enthalten soll, hat mich anfangs eher positiv gestimmt – tatsächlich wird man aber, wenn man Politik & Intrige erwartet, eher enttäuscht. Über weite Teile wird einfach nur gekämpft; gerade in der zweiten Hälfte des Buches artet die Erzählung zu einem einzigen Gemetzel aus, was mir stellenweise fast schon zu brutal ist. Die Schlachten sind zwar dann doch abwechslungsreicher als z.B. bei Ben Kanes Kampf der Adler (wo ja wirklich ausschließlich gekämpft wird), fordern aber doch so viel Raum dass das Buch zum Ende hin einfach langweilig wird.